Ich behaupte felsenfest: Man kann keine OKRs einführen, ohne an der Kultur zu arbeiten. Die eigene Arbeit so auszurichten, dass Outcomes zählen statt Aufwände oder Meilensteine, ist für viele erstmal zäh. Den eigenen Arbeitsstand transparent zu machen, auch. Wenn dann noch dazu kommt, sich von anderen Teams in die Karten schauen zu lassen, das Lieblingsprojekt zugunsten aussichtsreicherer Vorhaben zu canceln und sich dabei einem festen “Heartbeat” zu unterwerfen, sucht so manche Managerin nach dem Notausgang. Da kommt es fast schon gelegen, wenn das operative Tagesgeschäft ruft oder die Wasserfallprojekte drücken.
Was liegt da also näher, als sich wilden Steuerungsphantasien hinzugeben? Und für das eigene Ziel drölfzig Kennzahlen zu entwickeln, die minutiös etwaige Mindset-, Verhaltens- oder Kulturveränderungen abbilden sollen?
Kultur lässt sich nicht linear steuern.
Wir kennen es von anderen Change-Projekten: Es wird sehr exakt Ist und Soll festgehalten und dann der Weg vom einen zum anderen anschließend gepflastert mit Tätigkeiten, die möglichst weit weg sind vom wertschöpfenden Arbeiten. Befragung vorher, Befragung nachher, zwischendurch ein Interview zum Erfassen von Einstellungen, Bewertungen des Verhaltens durch Führungskräfte – und wenn der Change Plan nicht aufgeht: Hier, noch ‘n Workshop. Oder da, ein Training. Das ist absolut nicht der Weg, den ich favorisiere. Einen Plan zu entwickeln und die Einhaltung zu monitoren ist nicht die Art Messung, die uns hier weiterbringt.
Dennoch sind Meta OKRs eine gute Idee.
Wenn wir uns anschauen, wie Objectives und Key Results eigentlich wirken, ist es schlüssig, auch die OKR Einführung auf diese Weise anzugehen: Wir setzen uns also Meta-Ziele, die wir gern erreichen möchten – zum Beispiel, dass in Zukunft leichter und härter priorisiert wird. Die Key Results dazu geben an, woran wir meinen, das erkennen zu können: In unserem Beispiel könnten das eine Verringerung von klassischen parallelen Projektvorhaben sein, der sinkende Aufwand für Lenkungsausschüsse bis hin zur Abschaffung derer, die Reduzierung von OKR Sets im laufenden Quartal durch Streichung oder Umzug ins Backlog, die Reduzierung von Abstimmungs-Meetings und viele andere mehr.
Du siehst: Es geht weder darum, einem Ideal hinterher zu hecheln noch darum, extra Aufwand zu produzieren. Es geht darum, transparent zu machen, was mit OKR erreicht werden soll und woran man das festmacht. Wozu wir überhaupt OKRs einführen, was wir uns davon versprechen. Das wiederum hilft, überhaupt darüber in den Dialog zu kommen, was denn alles möglich ist und wie wir da hinkommen. Damit das funktioniert, braucht es ganz praktische Key Results – ohne aufwändige extra Messungen und begreifbar von allen Beteiligten.
Beispiele für OKR Metaziele
Zum besseren Verständnis zeige ich hier einmal ein paar Beispiele aus meiner Praxis, die gerade für den Beginn einer OKR Einführung geeignet sind:
Themenfeld | Objective | dazugehörige Key Results |
Qualität & Verständlichkeit der OKRs, Transparenz | “Die Qualität der Objectives & Key Results ist für übergreifendes Alignment ausreichend” |
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Alltagsnutzung | “OKR ist als praktisches Priorisierungs- und Fokussierungs-Werkzeug im Alltag anerkannt.” |
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Alignment / übergreifende Zusammenarbeit |
“Die Ziele orientieren sich konsequent am Kundennutzen, statt bloß Arbeitsteilung abzubilden.” oder “Die OKRs tragen dazu bei, dass gemeinsam an der besten Wirkung für die Kunden gearbeitet wird.” |
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Obacht, es lauern Fallen
Wenn wir uns jetzt das Themenfeld “Alltagsnutzung” noch einmal anschauen, fällt auf: Es ist nicht schwer, das als bloße Gängelei auf der Verhaltensebene zu verstehen. Dann macht jede*r einmal die Woche so’n popeliges Update und gut is’. Der Unterschied liegt – wie auch bei anderen agilen Frameworks – im Umgang damit: Wird das Key Result nicht erreicht, ist das keine “Verfehlung des Ziels und damit miese Planung”, sondern willkommener Anlass für die Auseinandersetzung mit möglichen Ursachen. Erst hier wird es interessant: Warum wird die OKR-Liste nicht genutzt? Ist sie zu umständlich? Existieren immer noch andere Planungsmechanismen, die stattdessen genutzt werden? Führt das zu “doppelter Buchhaltung”, die für alle Beteiligten einfach nur nervig ist? Wie stellen wir das am besten ab oder passen es an? Und das führt mich zum nächsten Punkt…
Ein entspannter Umgang mit Impediments hilft
Impediments – also diverse Stolpersteine auf dem Weg zum effizienten & effektiven Arbeiten mit OKR – gehören zu jeder Einführung dazu. Oder anders ausgedrückt: Wo keine Spannungen auftreten, ist noch niemand aus der bisherigen Komfortzone ausgebrochen. Das zentrale Controlling will weiterhin Ressourcenpläne fürs ganze Geschäftsjahr? Das beißt sich mit OKR und wird als Spannung notiert. Der Budgetvergabeprozess ist durch seine Kleinteiligkeit ein Problem fürs iterative Arbeiten? Wird notiert! Die Datenbasis für messbare Key Results muss in einem Bereich erst noch geschaffen werden? Wird notiert!
Ihr seht: Nicht alles kann man sofort lösen. Aber aus manchen Dingen kann man wiederum Objectives und Key Results machen. Und werden diese dann trotzdem wegpriorisiert, habt ihr ein sauber dokumentiertes Impediment – zum drüber reden und lösen. So wird der Fortschritt tatsächlich sicht- und messbar – aber auch eine eventuelle Stagnation. Doch um es mit den Worten eines bekannten Politikers zu sagen: “Probleme sind nur dornige Chancen.“