Die letzten Wochen habe ich gefühlt zu 90% in virtuellen Seminarräumen verbracht: Bei Thalia haben wir über 500 Filialmitarbeiter trainiert und abends ging es für die Quadriga Hochschule mit Webinaren für Personalentwickler weiter. Ich bin also so richtig tief im Thema. Ein guter Zeitpunkt also, um drüber zu bloggen. Und viereckige Augen hab ich ja sowieso schon.
Was ist denn nun das Tolle an Onlinetrainings? Dass es effizient ist, weil man Abwesenheiten und Reisekosten spart, ist klar – darum soll es jetzt hier nicht gehen. Stattdessen will ich ein paar Vorteile beleuchten, die man so vielleicht nicht vermutet. (Oh, das klingt ein bisschen wie “Punkt 10 wird Sie überraschen”. Kommt so nicht, versprochen.)
Zunächst mal: Onlinetrainings sind keine eLearnings!
Ich muss das mal schreiben, denn mit dieser kleinen Verwechslung werde ich immer wieder konfrontiert. eLearnings sind in der Regel kleine Lernhäppchen, die der Lernende sich einverleiben kann, wann und (meistens) wie oft er will. Das ist asynchrones Lernen: Kein Trainer muss zur selben Zeit irgendwo präsent sein – was aber unter anderem den Nachteil hat, dass man nicht ad hoc seine Fragen loswerden kann. Beim Onlinetraining dagegen geht’s um synchrones Lernen: Trainer und Lerngruppe treffen sich zur gleichen Zeit an einem “Ort”: Dem virtuellen Klassenzimmer. Es gibt Bild und Ton, die Trainingsinhalte werden live erläutert, diskutiert, geübt, hinterfragt. Es gibt eine Menge verschiedener “Virtual Classroom”-Systeme; ich arbeite momentan überwiegend mit Zoom und Adobe Connect.
Mit Onlinetrainings lassen sich typische Gruppenphänomene besser handhaben.
Wo Gruppen in freier Wildbahn aufeinandertreffen, sind die entsprechenden Phänomene nicht weit: Abweichende Meinungen werden seltener geäußert, was die Gruppenleistung schmälert. Zurückhaltendere Charaktere kommen seltener zu Wort, der Schnellste gibt die Richtung vor und so weiter und so fort. Um dem entgegen zu wirken haben die meisten Trainer eine Menge Methoden im Koffer – von der Kartenabfrage bis zur Punktabstimmung ist vieles dabei, was die vielfältigere Meinungsbildung unterstützt. Allerdings brauchen diese Methoden erstens Zeit, zweitens ordentlich Equipment, drittens physisch anwesende Menschen. Und ihnen sind Grenzen gesetzt: Auch hier mag sich nicht jeder Teilnehmer “outen”. Das gilt besonders, wenn beispielsweise die Chefin mit im Raum sitzt.
Anders ist das im Onlinetraining: Mittels Abstimmungs-Tools können die Teilnehmer live voten – und bleiben dabei im Raum anonym. Per Mausklick können so unterschiedliche Wissensstände oder verschiedene Meinungen sichtbar gemacht werden. Ich finde das prima, weil man damit toll weiterarbeiten kann – zum Beispiel, um Themen gemeinsam zu priorisieren. Momentan habe ich das Gefühl, es gibt bei den Antworten eine viel breitere Streuung als beim Präsenztraining. (Hab ich nicht wissenschaftlich untersucht – vielleicht weiß jemand was? Dann Hand hoch!)
Die Anonymität hilft auch im Umgang mit individuellen Fragen.
In Präsenztrainings heißt Heterogenität meistens: Sorry, wir können leider nicht alle Fragen beantworten. Und nicht für alle sind dieselben Fragen relevant. Im Onlinetraining hat uns hier das Fragetool geholfen: Die Teilnehmer konnten ihre Fragen anonym stellen, so dass sie nur der Trainer sieht. A propos: Für größere Gruppen kann ich wirklich empfehlen, zu zweit zu arbeiten. Bei unseren Thalia-Trainings war nämlich von Vorteil, dass der Co-Trainer die Fragen sichten und teilweise schon schriftlich an einzelne Teilnehmer beantworten konnte, während der Haupt-Trainer einfach weitermachen und später gezielt auf die übriggebliebenen, für die meisten Teilnehmer relevanten Fragen eingehen konnte. Das hat eine Menge Zeit gespart und uns sehr gute Feedbacks beschert.
Trainer und Co-Trainer haben einen heimlichen Backstage-Bereich.
Das habe ich ja anfangs wirklich unterschätzt: Dass man sich untereinander austauschen kann, ohne dass die Teilnehmer das mitkriegen: Wer beantwortet welche Frage? Sollen wir die nächste Übung überspringen, weil wir spät dran sind? Deine Stimme ist ganz leise, man hört dich schlecht. Man kann quasi Regie-Anweisungen aus dem Off kriegen, ohne dass jemand abgelenkt wird. Besonders toll finde ich den Bearbeitungsmodus, in dem man “unsichtbar” vorspulen kann, was als nächstes kommt, während die Teilnehmer die normale Ansicht sehen. Quasi die virtuelle Version des Trainer-Tisches hinter der Pinwand.
Viele Methoden aus dem Präsenztraining lassen sich virtuell abbilden.
Die meisten Webinartools haben ein Whiteboard dabei. Heißt, dass die Teilnehmer darin malen können und alle dasselbe Bild sehen. Wir haben das vor kurzem als virtuelle Kartenabfrage gemacht: Jeder schreibt seinen Begriff dort rein & kann ihn anschließend auch verschieben – ideal zum Clustern von Themen wie an der “realen” Pinwand. Da geht also eine ganze Menge, aber dazu ein andermal mehr.
Protokolle & Co. sind noch schneller gemacht.
Generell bin ich ein großer Fan von Fotodokumentationen, weil es schnell geht und gleichzeitig die Erinnerungen an die Veranstaltung gut verankert. Bei Fragen und Antworten muss ich allerdings besonders auf eine astreine Dokumentation achten – in manchen Workshops ist das im Eifer des Gefechts gar nicht so einfach. Im Onlinetraining dagegen entsteht aus allen Fragen, die zusätzlich schriftlich beantwortet werden, automatisch ein Protokoll, das per Mausklick exportiert werden kann. Fertig ist zum Beispiel die FAQ-Liste. Auch die Aufzeichnung, mit den meisten Webinar-Tools inzwischen Standard, kann enorm helfen (Zack, wird ein eLearning daraus.). Und hat man mit den Teilnehmern gemeinsam ein Whiteboard-Bild erstellt, kann auch das per Klick als Foto abgespeichert werden. Und nach dem Training: Statt Feedback-Links (mit mieser Responsequote) oder Feedbackbögen (die 90er wollen ihr Fax zurück) auszuteilen, fragt man die Teilnehmer einfach per Abstimmungs-Tool und speichert das Ergebnis ab. Fertig.
Klassisches Teilnehmer-Management wird einfacher.
Mag vielleicht banal erscheinen, aber diejenigen, die viele Trainings organisieren müssen, wissen es bestimmt zu schätzen: Alle Teilnehmer mit einem Link einladen, leicht nachhalten können, wer alles da ist (unabhängig davon, ob die Leute per Gastzugang oder mit definierten Mailadressen reinkommen) – das alles spart nochmal eine Menge Zeit.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit Onlinetrainings? Was darf hier nicht fehlen? Kommentare sind höchst willkommen!
1. November 2016, 11:54
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Wer hätte das gedacht?
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